Wohnraumknappheit & Brachliegende Grundstücke

Eine unendliche Geschichte. Gibt es wirklich zu wenig potentiellen Wohnungsbauraum in Hamburg Osdorf?

Am Rugenbarg 103, einen Teil des Ring 3, im Grunde eine klassischen Magistrale, steht auf dem Flurstück 5852 das alte “Max Bahr”-Gebäude.

Das seit Anfang 2014 leerstehende Gebäude diente zwischenzeitlich vom Herbst 2015 bis Ende September 2016 als Erstaufnahmeeinrichtung für geflüchtete Menschen. Seit September 2016 ist das Gelände nun vollkommen ungenutzt.

Knapp 15.000 Quadratmeter brachliegender potentieller Baufläche, das 10-fache des Garagenhofs im Tönninger Weg, und das in Zeiten immer wieder propagierter immenser Wohnraumknappheit.

Max Bahr - Wohnraumknappheit und brachliegende Grundstücke
Quelle: Geoportal Hamburg (Boris HH) – https://www.geoportal-hamburg.de/boris/#

Drucksache – 20-3561

Seit mindestens 2015 beschäftigt sich der Bezirk mit diesem Flurstück, bedauerlicherweise mit den falschen Empfehlungen:

“Nach der Schließung des Baumarktes war das Grundstück mehrfach Gegenstand der Beratungen der Bezirksversammlung Altona.

So hatte der Planungsausschuss am 26. Februar 2015 die Drs. 20-0878 (nicht-öffentlich) beschlossen und im Zuge dessen empfohlen, die Stadt Hamburg solle das Grundstück Rugenbarg 103 erwerben und einer gewerblichen Nutzung zuführen.”

Quelle: Drucksache – 20-3561 – https://sitzungsdienst-altona.hamburg.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1005980

Lidl

Trotz der klar definierten Anforderungen des Bezirks dort keinen Einzelhandel und damit Verdrängungswettbewerb mit dem Born Center zulassen zu wollen kauft Lidl laut dem Hamburger Abendblatt nun das Grundstück.

Quelle: Hamburger Abendblatt 01.04.2021 – https://www.abendblatt.de/hamburg/article231943731/Lidl-kauft-Max-Bahr-Ruine-am-Rugenbarg.html

Worauf das hinauslaufen soll ist offensichtlich und macht wieder mal die Machtlosigkeit von Bürger und Politik deutlich.

Die Mopo schreibt: “Aktuelle Vermutung: „Lidl“ will dort einen Supermarkt eröffnen und mit seiner nahe gelegenen Filiale von der Straße Am Osdorfer Born dorthin umziehen.”

Die CDU in Altona kann sich schon eher einen Discounter dort vorstellen, jedoch unter nur der Bedingung, dass dort ein Handwerkerhof entsteht. Um Einzelhandel an dem Standort zu ermöglichen, müsste dort eine baurechtliche Befreiung durchgeführt werden, wie es im Amtsdeutsch heißt. Bedeutet: die Bezirkspolitik müsste ausnahmsweise grünes Licht geben.”

“Der Konzern ist mit seinen Plänen bislang nicht auf die Bezirkspolitik zugekommen. SPD-Mann Gregor Werner: „Es gibt die Befürchtung, dass ,Lidl‘ auf Zeit spielt und das Gebäude immer weiter verfallen lässt. Aber davon werden wir uns nicht weichkochen lassen.””

Quelle: Mopo 27.04.2021 – https://www.mopo.de/hamburg/ehemaliger-baumarkt–lidl–kauft-schandfleck-in-hamburg-38327156/

Ausnahmsweise “grünes Licht” zu geben im Rahmen einer baurechtlichen Befreiung (und damit unter Umgehung des demokratischen Prozesses einer Bebauungsplanänderung(!)) scheint in Hamburg zur Regel zu werden. Warum keine baurechtliche Befreiung im Hinblick auf Wohnungsbau erwägt wird ist nicht nachvollziehbar und gibt zu denken.

Sollte Lidl wider Erwarten das Grundstück nicht bebauen dürfen, wird der dann etwaige Weiterverkauf an die Stadt das Gelände sicherlich nicht günstiger machen. Verfall und Passivität sind in Hamburg keine unübliche Methode um die Rendite zu steigern. Aktuell auch wieder zu beobachten mit den Grundstücken der ehemaligen ESSO-Häuser und der Schiller-Oper, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Drucksache – 21-1894

Das Tor zum Osdorfer-Born endlich gemeinsam mit den Bürger*innen gestalten. Wo bleibt die Transparenz und das Konzept? Dringlicher Antrag der SPD-Fraktion

Mit Beschluss der Bezirksversammlung und des Planungsausschusses von Anfang 2019 (Drs.-Nr. 20-5543) wurde das Bezirksamt auf Antrag der SPD-Fraktion gebeten, das Gewerbegebiet Brandstücken/Rugenbarg insgesamt auf Erweiterungs- und Nachverdichtungspotentiale zu prüfen und ein Entwicklungskonzept zu erarbeiten, welches auch die Machbarkeitsstudie eines Gewerbehofes/Handwerkerhofes auf dem ehemaligen Max-Bahr Gelände (Rugenbarg 103) beinhalten sollte. Im gleichen Beschluss wurde erneut bestätigt, dass eine Nutzung durch Einzelhandel auf dem ehemaligen Max-Bahr-Gelände weiterhin ausgeschlossen werden soll. Insgesamt sollten die Gespräche mit dem Grundstückseigentümer der „Max Bahr Fläche“ intensiviert werden, um einen möglichen Erwerb der Fläche über den LIG zu gewährleisten und der Hauptausschuss über den Stand der Entwicklung informiert werden. In der Begründung des vorzitierten Beschlusses heißt es zutreffend weiter:

[…] „Die Gewerbeflächen müssen sich in den Stadtteil öffnen und von der benachbarten Bevölkerung als Teil der Bestandsversorgung, als möglicher Ausbildungsbetrieb und Arbeitgeber noch besser wahrgenommen werden, um mehr Akzeptanz für eine räumliche Nähe zu erwirken“ […]

Ein Ergebnis aus diesem an sich klar definierten Auftrag an das Bezirksamt ist nicht zur erkennen und die Bürgerinnen und Bürger aus Osdorf fragen sich seit Jahren völlig zurecht, wie es denn nun eigentlich am Tor zum Osdorfer Born weitergeht. Hier besteht nicht nur im Osdorfer Born der große Wunsch, aktiv und soweit irgend möglich bei den weiteren Planungen mitgenommen zu werden. Insbesondere kann es schlicht nicht richtig sein, überhaupt keine belastbaren Informationen mehr über die Entwicklung der mittlerweile nur noch als „Bauruine“ zu bezeichnenden ehemaligen Gebäude „Max Bahr“. Wie nun – immer mal wieder – bekannt wurde, ist das Grundstück „Max Bahr“ wohl mittlerweile an Lidl verkauft. Informationen darüber lassen sich – wenn überhaupt – allenfalls der Presse entnehmen. Auch hier fragt der Stadtteil regelmäßig aber ungehört nach einer belastbaren Antwort, wie es dort denn nun genau weitergeht.

Quelle: Drucksache – 20-3561 – https://sitzungsdienst-altona.hamburg.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1005980Drucksache – 21-1894 –  https://bv-hh.de/altona/documents/das-tor-zum-osdorfer-born-endlich-gemeinsam-mit-den-buerger-innen-gestalten-wo-bleibt-die-transparenz-und-das-konzept-dringlicher-antrag-der-spd-fraktion-39982

Fragestellungen

  • Wenn Wohnraum so dringend benötigt wird, wieso liegen dann seit Jahren 15.000 Quadratmeter brach?
  • Wenn Wohnraum so dringend benötigt wird, wieso wird dort nicht der Bebauungsplan im Rahmen einer baurechtlichen Befreiung “übergangen” wie im Tönninger Weg?
  • Wenn Wohnraum so dringend benötigt wird, wieso wird nicht gebaut wo es geht sondern weiterhin versucht Kleingewerbe aus Altona, Ottensen etc. zu vertreiben vermutlich um dort dann investorenfreundlich höhere Quadratmeterpreise für Eigentumswohnungen zu erzielen.
  • Wenn Wohnraum so dringend benötigt wird, wieso gibt es kein Konzept was Wohnen und (Klein-)Gewerbe inkludiert wie schon in anderen Stadtteilen?
  • Wenn Wohnraum so dringend benötigt wird, warum wird dieses Grundstück nicht in die Magistralen Entwicklung einbezogen?
  • Wenn Wohnraum so dringend benötigt wird, wieso gibt es noch immer keine durchsetzbare Baupflicht?